Es ist schwer, guten Fußball-Journalismus abseits des Tages-Geschehens zu machen (und vor allem zu finanzieren). Eine qualitative Konstante ist das 11 Freunde Magazin. Die Zeitschrift hat sich einen exzellenten Ruf erarbeitet. Als Wohnzimmerproduktion gestartet, hat sie im ersten Quartal dieses Jahres 28800 Abonnennten und 75000 verkaufte Auflage (Druckauflage: 154000), im April 2011 generierte die Homepage 877000 Visits.
Ich teile die Auffassung nicht bei jedem Heft. Es gab Zeiten, da wanderten meine Ausgaben fast ungelesen in die Schublade. Meine kritischen Leserbriefe wurden nie abgedruckt, meine lobenden sehr wohl.
Die Titelgeschichte der Juni-Ausgabe aber ist ein gutes Beispiel, wie man heute gut erzählt, den Leser begeistert und bindet. Vor allem, dass man dem Leser etwas zu erzählen hat, dass man nicht rumschwallt, nichts altbackenes aufwärmt, sondern sich selber Gedanken macht, vor Ort ist, recherchiert, notiert und einschätzt.
Es geht um Hertha BSC, Michael Preetz und die 2. Liga. Eigentlich total öde. Hertha finde ich so interessant wie Basketball in der 2. Liga. Doch die Themen-Idee war ganz simpel: Autor Tim Jürgens begleitete Markus Babbel, Sport-Geschäftsführer von Hertha BSC durch das Jahr in der 2. Bundesliga. Herausgekommen ist eine Reportage mit vielen Innenansichten des Klubs und Michael Preetz. Zugegeben, die Idee ist nicht neu. Vor einem Jahr begleitete das Magazin RW Oberhausen über die ganze Saison.
Wenn eine Zeitschrift, die 5,5 Euro kostet mich dazu bringen will, dass ich sie lese, dann muss sie mir etwas mitzuteilen haben, meine Aufmerksamkeit im digitalen Wirrwarr gewinnen, mich dazu bringen, all das um mich herum dann zu vergessen.
Sie muss hintergründig sein. Sie sollte exklusive Informationen haben und nicht von Google, anderen Kollegen und einer ins blaue reichenden Einschätzung zusammengeschrieben sein (wie es oft der Fall ist). Ich will die ewigen Phrasen und Klischees nicht zum x-ten Mal verstärkt wissen, ich will meine Zeit nicht damit verschwenden, nichtssagende Quatsch-Aussagen von Spielern oder Funktionären zu lesen, denn die langweilen mich schon im Fernsehen vor und nach jedem Spiel.
Die Texte sollten gut geschrieben sein. Ich will eintauchen in den Text, Kopfkino, Bilder vor mir haben. Und ich will etwas erfahren, was ich nicht im Internet oder sonstwo finde, etwas, was ich noch nicht kenne. Etwas, das sich abhebt, aus diesem großen Durcheinander heraussticht.
Die Texte sollten gut geschrieben sein. Ich will eintauchen in den Text, Kopfkino, Bilder vor mir haben. Und ich will etwas erfahren, was ich nicht im Internet oder sonstwo finde, etwas, was ich noch nicht kenne. Etwas, das sich abhebt, aus diesem großen Durcheinander heraussticht.
Wenn einer einen guten Text schreiben will, muss er sich quälen, muss er viel investieren. Der Autor saß in einem Oberhausener Hotel bis zum Ende bei der Aufstiegsfeier, war offenbar beim Auswärtsspiel beim KSC nahe der Kabine und auch im Trainingslager oft im Gespräch mit Geschäftsführer und Präsident.
Die Titelgeschichte der aktuellen 11 Freunde Ausgabe bietet viele Aspekte einer guten Geschichte. Ein dezenter Blick hinter die Kulissen, der so viel erzählt, dass es richtig spannend ist und doch so wenig, dass der Klub nicht nackig dasteht. Gut recherchiert, keine Kopfgeburt, mit Geduld und langem Atem das Thema angegangen und sich intensiv mit den Leuten auseinandergesetzt, was viel Energie voraussetzt.
11 Freunde bietet im Juni Heft ein gutes Beispiel, wie man heute mit guten Geschichten trotz der eigentlich übermächtigen Konkurrenz in Internet und Tageszeitung einen Mehrwert schaffen kann. Für das Blatt eine beruhigende Erkenntnis. Für den Leser erfreulich.
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